Werte der Aufklärung wie Freiheit oder Gleichberechtigung stehen heute weltweit unter Druck. In der Verteidigung dieser Errungenschaften beschleicht uns als kritische Zeitgenoss:innen dennoch nicht selten das ungute Gefühl, vielleicht doch einen Kulturhegemonismus zu betreiben. Den heute im Feuilleton und in politischen Grundsatzreden artikulierten Reflex, die Werte der Aufklärung zu verteidigen, gilt es also zu kontextualisieren und zu reflektieren. Wie es die Aufkärung selber einfordert, ist hierbei beim Menschen als denkendem und fühlendem Wesen in seiner Ganzheit und in seiner Umwelt anzusetzen.
Darum werden wir in dieser zweiten Konzerttagung der Lucerna scheinbar zentrale Felder wie Politik und Religion mit einem künstlerischen Ansatz verbinden. Wir gehen davon aus, dass es nicht einfach die Aufklärung gibt, sondern Aufklärungen, welche aufeinander reagieren. So fährt uns die Musik in die maurisch-islamische Renaissance im ausgehenden 14. Jahrhundert; die Vorträge ziehen den Vergleich zwischen Reformation, Gegenreformation und der Epoche der Aufklärung; sie erläutern die gesellschaftspolitische Brisanz akustischer Paradigmen im 18. Jahrhundert und ihre Aktualität; und sie thematisieren die Spannungen im aufklärerisch-politischen Fundament der westlichen Gegenwartsgesellschaft.