Fotografien sind am Beginn des 21. Jahrhunderts historische Massenbilder im Wortsinn: Das Ende der kommerziellen Analogfotografie in den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts hat aus allen ihren Produkten Zeugnisse einer unwiderruflich vergangenen Epoche gemacht. Die unendlich vervielfältigbaren digitalen Bilderströme – sind es wirklich «Fluten»? – haben ältere Fotos, die früher alltäglich, selbstverständlich und sogar banal waren, in potentiell knappe Güter verwandelt: Kostbare Augenblicke, Fragmente einer verschwundenen Welt, Sammlerstücke.
Gerettet vor der drohenden Zerstörung, werden die Fotografien aber dadurch neuen ästhetischen und ökonomischen Auswahlkriterien unterworfen. Sie beginnen in neuen Umlaufbahnen zu zirkulieren, die mit ihren ursprünglichen Herstellungszwecken und Gebrauchskontexten häufig wenig zu tun haben. Aus privaten Ansichtskarten werden unter Umständen Museumsobjekte, Negative werden komplexe Archivgüter, und banale Pressefotos und nüchterne Industrieaufnahmen Kunstwerke: An dieser Verwandlung haben auch die digitalen Fotografien teil, indem sie eine Art Bildwerdung des Universums zu befördern scheinen. Einigen Routen dieser grossen Bilderwanderung wird sich die Tagung widmen.